Maja Vidmar

Schon drei Wochen bin ich jetzt in Pazin. Alles ist so wie ich es erhofft habe, außer dem Wetter. In der Schlucht unter dem Haus blühen schon drei Wochen die Schneeglöckchen, aber der Winter lässt nicht nach. Glücklicherweise ist warm im Haus, die Klimaanlage heizt gut. Wenn ich aufwache, versuche ich immer wieder zu raten, was da rauscht: die Klimaanlage, der Regen oder der Pazincičica-Bach? Alle drei naturlich.

Die Leute in Pazin sind sehr freundlich. Nicht nur die in Spomen dom, wo sie mir immer helfen und mich zu jeder Veranstaltung einladen, alle sind freundlich. Ich habe nicht so viel Kontakt mit anderen Menschen erwartet. Mit dem Gedanken viel Zeit zu haben, nahm ich jede Einladung dankbar an: Ausstellung, Theatervorstellung, Reisevorlesung, Buchvorstellung … und jetzt nähert sich der Tag meiner Abreise nach Leibach. Ich befürchte, wenig geschafft zu haben, was eigentlich nicht stimmt. Ich habe unter anderem mein Peosiebuch beendet und  vor allem meine Gedanken und Absichten »geordnet« – indem ich mir erlaubt habe, nicht zu denken. Unten am Wasser gelingt es am besten.

Wenn es nicht regnet, steige ich die Treppen in die Schlucht zum Pazinčica-Bach hinunter, über die Brücke, wenn nicht überschwemmt, und den Wanderweg zum Hotel auf. Das Wasser ergreift mich jedesmal. Einiges Gleiche kommt beim Fels immer wieder auseinander und vereinigt sich in wilder Umarmung auf der anderen Seite. Dem könnte ich unafhörlich zuschauen.

In Pazin habe ich genug Ruhe zum Lesen (ich habe mehr gelesen als in den letzten zwei Jahren) und genug Ruhe zum Schreiben. Das ist das größte Privileg. Wenn ich mir nur jeden Jahres einen solchen Schreibmonat gönnen könnte!